Prominent wurde im Jahr 2022 die Rückgabe zahlreicher Kunstobjekte aus dem historischen Königreich Benin. Stolz posierte die damalige Bundesaußenministerin Baerbock vor den Kunstgegenständen, bevor diese an Vertreter des nigerianischen Staates übergeben wurden. Damit sollte ein Startschuss zur Restitution von „kolonialem Raubgut“ an die Herkunftsländer abgegeben werden. Die offizielle Erzählung zur Rechtfertigung dieser Restitution lautet wie folgt:
1897 kam es zu einem Überfall britischer Kolonialtruppen auf das friedliche Königreich Benin, bei dem die Briten zahlreiche Kunstgegenstände entwendeten. Ein Teil dieser kolonialen und geraubten, daher moralisch verdorbenen, Kriegsbeute gelangte dann in den Folgejahren durch Ankauf an deutsche Völkerkundemuseen, die die Objekte bis heute aufbewahren. Neben Berliner Institutionen ist auch das Grassi-Museum in Leipzig ein Aufbewahrungsort der Bronzen. Das postkoloniale Gerechtigkeitsempfinden verlangt daher Wiedergutmachung.
Oberflächlich betrachtet entspräche diese Deutung der Wahrheit, würde sie nicht entscheidende Fakten auslassen. Zum einen handelte es sich damals nicht um einen Überfall auf ein friedliebendes Volk, sondern um eine Strafexpedition des Empires. Zuvor hatten die Beniner mehrere britische Abgesandte abgeschlachtet, als diese wegen Handelsstreitigkeiten im Königreich zu Gast waren.
Tatsächlich klebt wortwörtlich an einigen der restituierten Kunstobjekte das Blut von Afrikanern. Allerdings kamen sie nicht durch Gewehrsalven oder Schwerthiebe der Briten um. Benin-Bronzen dienten häufig als zeremoniale Objekte bei Menschenopfern, welche damals im Königreich Benin zuhauf praktiziert wurden. Häufig wurden dafür Sklaven oder Kriegsgefangene benachbarter Völker auf grausame und qualvolle Art getötet. Das Königreich Benin war also kein Hort des Friedens und der Kooperation unabhängiger Völker. Es war eine brutale Sklavenhaltergesellschaft, die zudem selbst imperialistisch agierte.
Dennoch kam es zur teilweisen Rückführung der Bronzen, die der nigerianische Staat prompt an den sog. Oba von Benin übergab. Oba Ewuware II., selbst Nachfahre von Sklavenhaltern und Multimillionär, wurde damit zum alleinigen Besitzer der „Raubkunst“. Inwieweit damit Gerechtigkeit hergestellt werde, ist fraglich. Die US-amerikanische Restitution Group sieht dies als Vertreter der Nachfahren von Sklaven genauso. Sie opponierte gegen die Rückgabe an Nigeria und den Oba und befürwortete sogar einen Teilverbleib der Bronzen in westlichen Staaten.
Geschichtsklitterung ist die Grundvoraussetzung für das postkoloniale Weltbild. Ohne die Verfälschung historischer Tatsachen hätte das einseitige, schwarz-weiße Täter-Opfer-Muster keinen Bestand mehr.
Quellen:
Brodkorb M. (2025): Postkoloniale Mythen. Springe: Zu Klampen Verlag
Dörries, B. (2023). Der neue Eigentümer der Benin-Bronzen. Süddeutsche Zeitung. Verfügbar unter: https://www.sueddeutsche.de/kultur/nigeria-koenig-ewuare-ii-benin-bronzen-annalena-baerbock-1.5847009







