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Soziale Medien

Nachlese I

Matthias Helferich, Mitglied des Bundestags

16.07.2024

Am 28. Mai 2024 besuchte mich ein Reporter-Gespann vom niederländischen Sender EenVandaag. Sie wollten mir bei der Arbeit über die Schulter blicken und verstehen, warum die AfD in den sozialen Medien gerade bei der jungen Generation so gut ankommt. Außerdem sprachen wir über das Sylt-Video, warum es auch mal gut tut, Paria zu sein und warum ich lachen muss, wenn ich die Altparteien in den sozialen Medien sehe. Das gesamte Interview gibt es auch hier auf meinem YouTube-Kanal zum Ansehen oder hier schriftlich zur Nachlese:

Dann fangen wir mal sofort an mit der Nachricht, die uns hier auch gestern erreichte. Und zwar, dass ein Ausschlussverfahren gegen Sie eingeleitet wurde und dass Sie gesehen werden als zu rechts. Sehen Sie sich selber als zu rechts?

Nein, das tue ich sicherlich nicht und das tun viele andere in der Partei und auch außerhalb der Partei nicht. Der Landesvorstand, dem ich ja angehört habe, hat ein Ausschlussverfahren gegen mich eingeleitet. Ich habe schon bei meiner Wahl, als ich in den Landesvorstand gegen die Widerstand unseres Landesvorsitzenden Martin Vincentz gewählt worden bin, damit gerechnet. Und auch dieses Gerücht gehört, dass man eben diese demokratische Wahl durch einen Parteiausschluss konterkarieren will.

Ich glaube, im Landesvorstand selbst glaubt man nicht daran, dass dieser Ausschluss erfolgreich sein wird. Man will mich jetzt aber für ein paar Wochen, vielleicht sogar im Hinblick auf den Bundesparteitag, aus dem Spiel nehmen. Das sind halt so…

Letztlich bin ich davon gelangweilt, weil es gäbe viele schöne Sachen, die man gemeinsam auch für unser Land und unsere Partei tun könnte und da scheint der Fokus meiner ehemaligen Landesvorstandskollegen ein falscher zu sein.

Okay. Sehen Sie sich denn als extrem rechts?

Ich sehe mich auch nicht als extrem rechts, vor allem nicht im Sinne der Einordnung als rechtsextrem, also in der Extremismuslehre früherer Zeiten war es so – vor allem vom Bundesamt für Verfassungsschutz – dass als rechtsextrem der galt, der mit Gewalt die freiheitlich demokratische Grundordnung beseitigen will. Und heute ist dieses Label “Rechtsextrem”… trifft ja unsere Jugendorganisation, viele Landesverbände im Osten und wir sind auch Verdachtsfall des Rechtsextremismus.

Insofern ist dieser Begriff [Rechtsextrem] inzwischen komplett aufgeweicht und fehlgedeutet.

Keiner kann der AfD oder unserer Jugendorganisation wirklich unterstellen, dass man mit Gewalt die freiheitlich demokratische Ordnung beseitigen will. Das tut selbst das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht. Aber man unterstellt uns zum Beispiel, die Menschenwürde angreifen zu wollen, weil wir deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund angeblich entrechten wollen, weil sie nicht der deutschen Ethnie angehören.

Aber auch das ist Quatsch. Sie waren heute mit uns unterwegs. Wir haben auch viel Zuspruch, vor allem auch aus jüngeren Kreisen von jungen Migranten, die letztlich auch gar nicht mehr auf diese Diffamierungskampagne reinfallen. Auch ein ganz anderes Verständnis, zum Teil auch von Deutschland als ihrer Heimat haben, auch von Nationalstolz, was ja letztlich unsere Themen sind. Deshalb freuen wir uns auch über diese Wählerschaft und wollen die bestimmt nicht entrechten und den….

An dieser Stelle wurde das Interview durch ein klingelndes Telefon unterbrochen.

Gleichzeitig haben wir natürlich auch das Video jetzt auf Sylt gesehen, dass in Deutschland ja sehr viel Aufmerksamkeit bekommen und viele aufgebracht hat. Und es scheinen ja auch mehr und mehr jugendliche Nazis Sympathien zu haben. Sollte man sich dann als AfD da nicht zu äußern oder auch sich davon distanzieren?

Also ich glaube nicht, dass hinter diesem Gegröle dieses Liedes zu L’amour toujours wirklich immer knallharte Nazis stecken. Ich glaube, es gibt eben gewisse Denkverbote in der Bundesrepublik, die von oben oktroyiert werden. Und da brechen junge Leute, die auch mal betrunken sind, aus, indem sie dieses Lied skandieren. Das ist natürlich nicht gut, aber jetzt selbst Galatasaray Fans in Stuttgart haben massenhaft dieses Lied gegrölt, also größtenteils eben türkische Fans, die türkischstämmig sind und ich glaube, es ist bei vielen auch einfach, die dann betrunken sind, die in aufgelöster Stimmung sind, das auch eine gewisse Provokationslust. Gerade weil momentan das Establishment so sensibel auf dieses Lied und diese Umdeutung des Liedes reagiert.

Ich meine, der Bundeskanzler twittert zu diesem Lied. Die Bundesinnenministerin äußert sich dazu. Man verschweigt aber gleichzeitig Migrantengewalt. Wir haben ein Riesenanstieg von Gruppenvergewaltigungen in Deutschland, wo hauptsächlich Tatverdächtige einen Migrationshintergrund haben und da wird sich nicht zu geäußert. Und das schafft eine, ja sage ich mal, eine Fehllage im Land, wo Leute ausbrechen. Die Partei darf sich das nicht zu eigen machen, dieses Lied. Aber ich glaube auf Sylt da war ein CSU Kandidat dabei, der das mitgesungen hat.

Wir müssen uns aber auch nicht in der Form davon distanzieren, dass wir sagen: Das sind jetzt unsere Leute, die das singen und wir müssten uns dazu äußern. Es ist letztlich ja auch eine gewisse Stimmung im Land, die, wo viele, auch was die Gewalttaten angeht, dass die politische Debatte immer rauer wird. Da müsste sich eigentlich eher das Establishment – wir in Teilen vielleicht auch, vielleicht benutzen wir manchmal auch eine zu aggressive Sprache – aber das Establishment muss sich überlegen, warum so viele sich ohnmächtig fühlen, dass sie zum Teil zu Beleidigungen greifen, dass sie dann ausbrechen unter Alkoholeinfluss und so ein Lied skandieren, da muss man sich fragen:

Ist es auch eine Gegenreaktion auf eine fehlgeleitete Politik, wo die Leute aus ihrer Ohnmacht heraus ausbrechen?

Sehen Sie sich selbst als einen Extremisten?

Ich würde mich nicht als Extremist bezeichnen. Ich wüsste auch nicht, was dafür sprechen würde. Ich wurde glaube ich in meinem Leben so häufig auf die Landesverfassung und auf das Grundgesetz vereidigt wie nur wenige Bundestagsabgeordnete: Als Soldat, als Rechtsanwalt, als Mitarbeiter des Landes NRW und schätze auch unsere Verfassung. Wir feiern jetzt 75 Jahre Grundgesetz. Das Grundgesetz hat viele, auch Verteidigungswerte oder verteidigungswürdige Werte, die es beinhaltet. Aber es wird natürlich auch aus meiner Sicht vor allen in den Freiheitsgrundrechten ausgehöhlt durch das Establishment.

Immer mehr Bürger haben Angst, sich frei zu äußern.

Zum Beispiel zum Thema Islam, zum Thema Ausländerkriminalität. Auch Migranten fühlen sich immer unwohler, weil sie merken, dass es auch eine für gewisse Meinungen auch Repressionen in diesem Land gibt. Und da muss eben… Eine freiheitliche Verfassung kann sich selbst nicht verteidigen. Sie lebt von der Verteidigung durch die Bürger, die diese Freiheitsrechte dann auch leben. Das ist das Böckenförde-Diktum. Und da müssen muss das Establishment schauen, ob sie selbst nicht der größte, ja Freiheitsbeschneider in diesem Land sind. Und das wirft mir auch gerade Frau Faeser vor als Innenministerin.

Es sieht jetzt so aus, als ob es lange, also als ob die AfD auch lange in Europa in der Fraktion sehr akzeptiert war. Und jetzt hat sich natürlich da auch bei der ID-Fraktion etwas getan und es wurde gesagt, man möchte nicht länger mit der AfD auf Europa-Niveau zusammenarbeiten. Wie sehen Sie das?

Also ich kann es nur als einfaches Mitglied beurteilen, weil ich da nicht in diesem europapolitischen Prozess in der Partei drin bin. Da müsste man eigentlich ein Bundesvorstandsmitglied zu befragen.

Als Außenstehender hat es sicherlich auch seinen Grund, dass sich vor allem Meloni und und Le Pen eben geopolitisch anders positionieren als die AfD.

Dass man sich eher transatlantisch orientiert, während Deutschland natürlich als Land der Mitte in Europa immer auch bemüht war um gesunde Beziehungen zu Russland, auch große wirtschaftliche Interessen in der Vergangenheit hatte, die ja nicht durch die AfD geschaffen worden sind, sondern vor allen Dingen auch durch einen SPD Bundeskanzler und auch durch Angela Merkel; also auch die Abhängigkeit von russischem Gas, der Austausch Gas gegen letztlich deutsches Know-how im Bereich der Maschinenproduktion. Das ist sicherlich eine Entwicklung, die da mit hineinspielt. Und man darf natürlich auch nicht vergessen, dass Italien und Frankreich auch andere fiskalpolitische Interessen innerhalb der Europäischen Union haben als Deutschland als großes Geberland der EU.

Wie stehen Sie zu Putin? Sehen Sie ihn als Verbündeten an?

Also Putin ist kein Verbündeter und sicherlich auch kein Freund Deutschlands.

Staaten haben eben keine Freunde.

Ich halte es auch für einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, der aktuell läuft. Ich finde zum Teil, das ist auch eine Kritik, die ich immer geübt habe, auch in meinen Bundestagsreden, vielleicht auch von mancher Position innerhalb der Partei abgewichen bin, dass ich diese Russlandtreue, die mancher Politiker von uns auch oder Parteifreund durchblicken lässt und auch eine gewisse Glorifizierung Putins ablehne, da kann ich nichts mit anfangen.

Das ist sicherlich auch etwas, was man eher in ostdeutschen Landesverbänden findet. Aber ich habe auch immer meinen Respekt geäußert vor dem Einsatz ukrainischer Soldaten, die eben wie es Nationalisten und Patrioten eben tun, für ihre Heimat kämpfen und da sicherlich auch Respekt für verdient haben.

Was macht es mit Ihnen, dass manche Personen Sie als Neonazi darstellen?

Gut, das ist… Akif Pirincci, der türkischstämmige Autor der Katzenkrimis hat mal gesagt, als er sich anfing politisch zu bekennen:

Ob man mich jetzt Klobürste regelmäßig nennt oder Nazi, ist dann irgendwann egal, weil der Begriff steht ja für nichts mehr.

Es steht ja nicht für Nationalsozialist und steht auch nicht für die Verbrechen der Nationalsozialisten, sondern letztlich ist er, wird er derart inflationär in Deutschland verwendet, dass hier jeder, der in irgendeiner Form vom Mainstream abweicht in Grundsatzfragen des Establishments, als Nazi diskreditiert wird. Deshalb berührt mich dieser Begriff in dieser Form nicht mehr.

Und was hat Sie dazu bewogen, sich vor vielen Jahren der AfD anzuschließen? Was waren Ihre Beweggründe?

Also ich war früher mal in der CDU, wollte danach eigentlich in keine Partei mehr, weil mir auch das Parteiinnenleben nicht gut gefallen hat. Ich habe aber nach meinem ersten juristischen Staatsexamen, was zeitgleich eigentlich mit der großen Flüchtlingskrise zusammenfiel, gesagt, dass das eine derartige migrationspolitische Fehlentwicklung ist, die die Bundesrepublik ja langfristig schädigen wird, dass man dann eben als Bürger auch sich bürgerschaftlich in einer Partei engagieren muss.

Und da stand eben nur die AfD für mich ja überhaupt zur Disposition, dort einzutreten.

Und wenn’s an Ihnen liegt, was schafft die AfD in der Zukunft in Deutschland und in Europa?

Ich glaube, dass sie einfach eine andere politische Kultur einführen muss. Dafür sind erst mal junge Parteien da. Man muss letztlich auch den wohligen Konsens, der sich in der Bundesrepublik gebildet hat, der lange letztlich – deshalb gibt es ja auch diesen Begriff der Einheitspartei, das werfen wir ja dem Establishment vor, alle gegen uns, dass man das aufwühlt. Es tut einer Demokratie nie gut,wenn Mandatsträger, Ämter etc. letztlich von Parteien gekapert werden. Das ist erst mal unser demokratiepolitischer Auftrag.

Wir müssen ja diese Demokratie etwas entstauben und auch unsere Verfassung und auch Verfassungsgrundsätze wie zum Beispiel Meinungsfreiheit vitalisieren.

Natürlich ist ein großer Punkt der Umgang mit der Migration und auch die Antwort auf diese sicherlich noch in der gesamten Zukunft Europas anhaltende Migrationsströme. Es wird ja nicht enden, aber wir müssen einen Umgang damit finden. Und es ist aktuell aus meiner Sicht der falsche Umgang, alle Menschen in diesem Land versorgen zu wollen. Das wird unseren Sozialstaat auf lange Sicht vernichten. Es wird auch zu inneren Unruhen führen, weil eben auch irgendwann nicht mehr die Kapazitäten da sind, um Menschen hier unterzubringen. Wir haben jetzt schon einen großen Konkurrenzdruck auf dem Wohnungsmarkt, selbst hier in so einer Stadt wie Dortmund, die eigentlich nicht dafür bekannt war, dass sie ein besonders großer Hotspot ist wie Düsseldorf oder München, wo die Leute gerne hinziehen und das sind Entwicklungen, die letztlich in der Katastrophe enden, wenn man nicht einen Weg findet.

Und da ist eben meine Antwort auch die Idee der Remigration

die aber niemals bedeuten würde, dass man zum Beispiel Staatsbürger mit Migrationshintergrund entrechten würde oder außer Landes bringen. Aber sie bedeutet zum Beispiel, dass ist ja selbst Establishment, im United Kingdom ist es angekommen, aber… selbst Frau Faeser lässt das in Teilen sogar schon prüfen, ob man Asylverfahren außerhalb der Europäischen Union durchführt und da mit deutlich weniger Geld, viel mehr Asylberechtigte auch menschenwürdig versorgen kann. Das wäre ein erster Schritt, um eine Festung Europa zu schaffen, ohne dass wir wollen, dass Menschen an unseren Grenzen letztlich elendig verrecken.

Können Sie noch einmal erklären, was Sie mit Remigration meinen?

Remigration ist letztlich ein Bündel an politischen Maßnahmen. Da geht es nicht nur um sichere Grenzen, um ein Grenzschutzregime, was diesen Begriff auch verdient, sondern es geht sicherlich auch um Fragen der Identitätspolitik. Es geht darum, eine deutsche Leitkultur zu etablieren, die auch letztlich Migranten, die hier hinkommen, einen Orientierungspunkt bietet, aber auch dann feststellen lässt, wer sich dieser deutschen Leitkultur nicht fügen möchte, dass er dann eben, wenn er zum Beispiel gegen unsere Rechtsordnung verstößt oder wenn er hier einen islamischen Staat errichten will, ein Kalifat, wie es jetzt in Hamburg jüngst der Fall war, dass wir dem auch eine selbstbewusste deutsche Kultur entgegensetzen, in die man sich integrieren kann oder wenn man das eben nicht tut, dass man selbst vielleicht sogar kämpferisch gegen sie agiert, auch außer Landes gebracht wird.

Wir müssen auch… wir haben 1,1 Millionen Ukrainer im Land. Ich hoffe, dass der Krieg in der Ukraine schnell beendet wird und diese Menschen auch in ihre Heimat zurückkehren können. Wir haben rund 500.000 Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung. Auch für diese Menschen müssen wir letztlich einen Weg zurück in ihre Heimat finden. Und wir können nicht jeden mit staatsbürgerlichen Rechten versorgen. Und wir können sicherlich auch nicht weiter dulden, dass Menschen, die hier sind, zum Teil schwerste Gewaltstrafen begehen und einfach weiterhin hier geduldet werden.

Das ist letztlich ein Zustand, der unhaltbar ist, weil er auch die Migranten, die gerne hier leben und die auch Teil der deutschen Kultur geworden sind, diskreditiert.

Das ist auch ein Grund, glaube ich, dass wir immer besser bei Migranten ankommen, weil die sich nicht diskreditieren lassen wollen durch jene, die hierhin kommen, um sich in der sozialen Hängematte auszuruhen oder zum Beispiel Straftaten zu begehen. Also hier zu meinem Wahlkreis gehört die Dortmunder Nordstadt, wo ein sehr hoher Ausländeranteil ist. Ich glaube an die 70 %, an den Schulen sind zum Teil 100 % Migrantenanteil. Und wenn man da vor allen Dingen mit Türken, die sich dort seit Jahrzehnten niedergelassen haben, deutsche Staatsbürger sind, unterhält, dann reden die wahrscheinlich schärfer über die jüngsten Migrationsströme aus dem Nahen Osten oder aus Afrika, als das je ein AfDler machen würde.

Wie reagieren die Leute auf Ihre Arbeit? Werden sie aggressiv?

Wir hatten das früher mal, dass man auch mal angegriffen wurde oder als zum Beispiel der Verleger Götz Kubitschek Anfang des Jahres hier war, gab es auch mal eine Gegendemonstration hier vorm Wahlkreisbüro. Aber Sie haben es ja selbst gerade gemerkt: Der Zuspruch ist eigentlich gut. Es ist auf jeden Fall eine Normalisierung eingetreten. Die AfD wird inzwischen als normale Partei wahrgenommen und hat sich letztlich auch auf eine gewisse Art und Weise etabliert.

Und deshalb sind die Wahlkämpfe nicht mehr… wir sind die Partei, die noch am häufigsten angegriffen wird, also vor allem die Protagonisten der Partei. Aber es ist nicht mehr so, dass man letztlich als absoluter Sonderling wahrgenommen wird.

Ich glaube, für viele ist es einfach so: Ja, die AfD gehört jetzt auch zum demokratischen Parteienspektrum.

Es ist eben eine Wahlmöglichkeit für einen und viele überlegen ja auch, uns zu wählen, die uns vielleicht von vor fünf Jahren niemals ihre Stimme gegeben hätten.

Also Ihr Spitzenkandidat für das Europäische Parlament – Krah – musste zurücktreten, weil er u.a. Referenzen zur SS gemacht hat. Sie werden also immer noch als Paria angesehen in Europa.

Naja gut, ich bin fraktionsloser Abgeordneter im Deutschen Bundestag, bin da also Paria der Paria. Insofern tut das vielleicht manchmal einigen unserer Funktionäre ganz gut, in der ähnlichen Situation zu sein, um da ein bisschen mehr Mitleid mit mir zu haben. Aber grundsätzlich ist es natürlich auch perspektivisch möglich – wir sind ja noch Mitglied der ID-Partei, auch unsere Stiftung, die zum Teil aus ID-Mitteln finanziert wird, ist davon nicht betroffen…

und ich glaube, dass mit einigem an diplomatischem Geschick entweder die alte ID-Fraktion neu errichtet werden kann, oder auch, dass man sich anders orientieren kann; mit anderen rechtspopulistischen Kräften in Europa zusammenarbeiten kann.

Da bin ich aber der falsche Ansprechpartner, weil da fehlt es mir, letztlich an dem außenpolitischen Wissen, um das beurteilen zu können.

[Anmerkung: Das Interview wurde am 28. Mai 2024 vor dem Ausschluss aus der ID-Fraktion geführt. Inzwischen hat die AfD-Delegation gemeinsam mit anderen Parteien die Fraktion Europa der Souveränen Nationen gegründet.]

Was denken Sie darüber, wenn Sie in den sozialen Medien Videos von jungen Leuten sehen, die den Hiltergruß zeigen?

Gut, ich bin jetzt davon nicht betroffen. Ich halte es nur für falsch, wie mit dieser Sache umgegangen wurde. Also dass sich eine Parlamentspräsidentin wie Bärbel Bas zu keiner Messerstecherei in ihrem Wahlkreis Duisburg äußert, aber sich dann auf dem großen Demokratiefest in Berlin zu 75 Jahre Grundgesetz hinstellt und sagt, da müssten Höchststrafen ausgesprochen werden. Und ich glaube, die Höchststrafe haben sie schon, die Teilnehmer dieser Party vor dem Pony in Sylt dadurch erlebt, dass sie eben derart wie…

es ist mir unbekannt, dass jemals so nach einem Gruppenvergewaltiger in Deutschland oder Messerstecher gefahndet wurde, derart sozial stigmatisiert worden sind und letztlich eine richtig große Treibjagd auf diese jungen Leute stattgefunden hat.

Und da muss ich als Jurist sagen auch Straftäter, und der Hitlergruß ist nun mal strafrechtlich sanktioniert in der Bundesrepublik durch den Volksverhetzungsparagraphen, haben Persönlichkeitsrechte. Und es scheint mir so, als wenn sowohl die Medienlandschaft, aber auch die Politik vergessen hätte, dass auch für diese Täter Persönlichkeitsschutz gilt und dass man das eigentlich in einem modernen Rechtsstaat derartige Pranger nicht einführt.

Der Pranger ist mit der Paulskirchenverfassung der ersten deutschen demokratischen Verfassung abgeschafft worden und er scheint aber durch die etablierten Medien wieder errichtet worden sein.

Verstehe ich Sie da richtig, dass Sie das an sich so akzeptieren können als betrunkener Witz?

Ich kenne die Leute nicht, also ich will das nicht bewerten. Ich kann es, wie gesagt, nur als Jurist bewerten. Es ist strafbewehrt, das in der Bundesrepublik zu machen; den Hitlergruß. Ich glaube aber nicht, dass man den, ohne mit denen gesprochen zu haben, ich kenne nicht deren politische Einstellung, ich kenne nicht deren Sozialisierungsgrad, deren Weltsicht.

Ich würde erst mal anzweifeln im Sinne von in dubio pro reo, dass sie überzeugte Nationalsozialisten sind und diesen Gruß gemacht haben, um ihre nationalsozialistische Gesinnung kundzutun. Oder, wie es der Volksverhetzung Paragraph auch unter Strafe stellt, das nationalsozialistische Unrecht und die Verbrechen der Nationalsozialisten damit zu glorifizieren. Das würde ich jetzt als Rechtsanwalt von außen erst mal infrage stellen. Und das muss dann eben auch eine Staatsanwaltschaft tun.

Ein Wissenschaftler wollte nicht mit uns reden, weil wir mit Ihnen reden.

Gut, ja, das ist die… das ist nun mal Teil der Wissenschaftsfreiheit. Das feiern wir ja auch gerade über 75 Jahre Grundgesetz. Ob das hilft, wenn man glaubt, dass man uns auch als…

Ich glaube, es gibt momentan nichts Interessanteres innerhalb der in der Bundesrepublik als die AfD als Bürgerbewegung und als politisches Projekt.

Und ich glaube, da hat man seinen Job verfehlt, wenn man nicht bereit ist, auch mit Protagonisten, die vielleicht umstritten sind, der AfD zu sprechen. Weil ob das ein Björn Höcke ist, ein Maximilian Krah oder auch ich. Es ist ja nicht so, als hätte ich keinen Zuspruch innerhalb unserer Partei und hätten wir keinen Zuspruch auch in unseren Wahlkreisen und in der Wählerschaft der Bundesrepublik. Es wird schon irgendwas an der AfD sein und an ihren Vertretern, was die Leute mitnimmt. Das ist in Teilen, das muss man auch zugestehen, ist vor allem Verzweiflung, weil die Politik vor allem der Regierung, glaube ich, sehr viele Menschen in die Hoffnungslosigkeit getrieben hat.

Das liegt jetzt nicht daran, dass wir immer die tollsten Politikkonzepte haben, die tollsten Leute, sondern die Leute wählen uns auch aus einer Protestform und auch aus, na ja, aus einer großen Angst heraus, wie die Zukunft ihres Landes und ihre persönliche Zukunft aussehen wird. Das muss man auch beachten.

Was glauben Sie, wieviel Prozent wird die AfD in der EU-Wahl erhalten?

Also die Prognosen sind ja jetzt so von Insa, denen ich als Meinungsforschungsinstitut vertraue, liegen zwischen 15 und 17 %. Das erhoffe ich auch trotz aller inszenierten oder selbstverschuldeten Skandale, die die AfD in den letzten Monaten durchleben musste.

Ich glaube, dass wir grundsätzlich ein Potenzial in der Bundesrepublik haben, genauso wie in der Republik Österreich die FPÖ von 30 %. Wir waren noch Ende letzten Jahres bei 23 %. Aber ich glaube, dass die Partei auch noch sehr viel an sich arbeiten muss, um dieses Potenzial auszuschöpfen.

Und das sind eben Professionalisierungsprozesse. Wir haben glaube… auch viele Mitglieder haben festgestellt, dass wir im Umgang mit persönlichen Krisen von Spitzenkandidaten oder von Führungspersonal der Partei, von Anwürfen, die gegen unsere Leute gemacht werden, ob zu Recht oder zu Unrecht, ob das vermeintliche Geheimtreffen in Potsdam, dass wir momentan, was die Krisenkommunikation angeht, was auch das Dagegenhalten geht, was auch interne Meinungsbildungsprozesse angeht und Entscheidungsfindungen noch sehr schwach aufgestellt sind. Und letztlich muss der Bundesparteitag, der jetzt ja auch Ende Juni bei der AfD bevorsteht, muss dann eben auch eine Entscheidung bringen, ob man diesen Kurs weitergehen will.

Als wir durch Dortmund gefahren sind, haben wir keine Plakate der AfD gesehen.

Also wir haben hier glaube ich in der Stadt, die haben wir vom Bundesverband zur Verfügung gestellt gekriegt, rund 700 Plakate verteilt oder aufgehangen. Es ist zum Teil so, dass Antifa Gruppen direkt hinter unseren Plakatteams hinterherfahren, die sofort abreißen. Das waren vielleicht aber auch, das ist aber ganz NRW spürbar, vielleicht auch nicht genug Plakate. Ich halte das Plakat aber auch nicht für, also für besonders wichtig für eine Wahlentscheidung.

Wir flyern zum Beispiel viel, weil da kann niemand dazwischenkommen, das kann niemand abreißen, da ist derjenige, der potenzielle Wähler mit unserem Flyer alleine und kann sich Gedanken machen, ob er ihn zerreißt oder ob er sich den für den Wahlsonntag unters Kopfkissen legt.

Können Sie noch einmal erklären, warum die sozialen Medien so eine große Rolle für Ihren Erfolg spielen?

Na, ich glaube, dass dadurch, dass wir eben gerade in der Bundesrepublik ein gewisses Meinungskartell haben, was… viele Zeitungen gehören ja auch der Sozialdemokratischen Partei in Deutschland, gerade hier in NRW. Ich glaube, dass Social Media uns natürlich die Möglichkeit verschafft hat, an diesen Gatekeepern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, aber auch privater Medienunternehmen, die sehr parteiennah sind, was Establishment Parteien angeht, an diesen Gatekeepern vorbei unsere politischen Botschaften zum Bürger zu bringen.

Und es hat sich natürlich auch dadurch eine Möglichkeit geschaffen – ich glaube, das gibt es überall inzwischen in Europa – dass sich Leute selbst auch in einer anderen Form in sozialen Netzwerken etc. auch politisch äußern wollen. Ja, das ist letztlich auch ein großer Stammtisch geworden oder ein großer Debattierclub. Und insofern hat – es wird ja jetzt so verdammt, weil man natürlich auch Erfolge sieht, bei der AfD, die auf diese Social Media Stärke zurückzuführen sind – wird natürlich jetzt vom Establishment verdammt. Und es gibt ja auch auf europäischer Ebene jetzt Initiativen, auch entsprechend zensierend einzugreifen, bei vielen sozialen Netzwerken.

Aber letztlich ist es für eine Demokratie gut, wenn Menschen erst mal streiten können, ohne sich dabei den Schädel einzuschlagen.

Und insofern ist Social Media gut für die AfD, aber auch gut für die gesamte Demokratie.

Und Sie haben gelacht, als ich Sie auf die SPD und die CDU und ihre Vernachlässigung der sozialen Medien angesprochen habe.

Ja, ich glaube. dass Menschen natürlich nicht mehr den traditionellen Medienkonsum haben wie eine Tageszeitung. Das hat stark nachgelassen. Ich glaube, in Dortmund vor zehn Jahren hatten hier noch 35 % der Bürger überhaupt eine Tageszeitung. Das wird noch weiter zurückgegangen sein. Und auch die Medienkonzerne, vor allem bei Druckzeitschriften reagieren ja darauf und gehen mehr in den Onlinebereich hinein. Ich glaube, dass manche Politiker das unterschätzt haben, dass sie auch ganz konkret mit anderen konkurrieren.

Und wir mussten uns halt aus unserer Notlage, dass wir in den etablierten Medien immer als Paria nicht wirklich vorkamen, mussten wir uns ja dort recht schnell behaupten im Bereich von Social Media und haben das getan.

Und jetzt wacht man auf und merkt auf einmal: Oh Gott, die haben einen direkten Zugriff auf jedes Handy, wo sich junge Leute dann eben den Krah reinziehen oder den Helferich oder den Höcke oder den Roger Beckamp.

Was glauben Sie, ist an der AfD am ansprechensten für junge Wähler?

Also ich glaube, dass es sowieso eine gewisse konservative Renaissance gibt bei jungen Leuten.

Die sehnen sich auch nach einer gewissen Sicherheit; einer Sicherheit im Land. Sie bewegen sich auch ganz anders im öffentlichen Raum, sind deshalb ganz anders konfrontiert auch mit Gewalt, die zunimmt. Wir haben in Dortmund jetzt den Fall gehabt, dass ein 15-jähriger ukrainischer Kriegsflüchtling wirklich aufgeschlitzt wurde von einem 13-jährigen namens Ali. Und das erleben junge Menschen. Und sie fühlen sich unsicherer, vor allem in Großstädten.

Sie fühlen sich auch sicherlich verunsichert durch die Lage des Landes im Hinblick auf wirtschaftlichen Erfolg, auf eine sichere berufliche Zukunft. Sie leiden natürlich auch – und bei mir war es noch normal, ich bin jetzt 35, dass man mit 18 sich irgendwie einen Führerschein leisten konnte. Da haben die Großeltern vielleicht ein bisschen was dazugetan. Den Rest hat man sich eben verdient durch irgendwelche Nebenjobs und konnte sich vielleicht noch ein Auto kaufen sogar. Das war bei uns ganz normal.

Ich kenne heutzutage nur noch wenige Schüler, die ein Auto finanzieren können, wenn sie nicht aus reichem Hause kommen. Und früher war das für Leute der Mittelschicht und Kinder der Mittelschicht überhaupt kein Problem. Ich glaube, dass das auch viele erleben, dass Wohlstand, der jetzt meiner Elterngeneration noch vollkommen offen stand, also das… Wohlstand war gesetzt, egal zu welcher Schicht man in der Bundesrepublik gehörte. Und das lässt jetzt nach.

Wir haben immer mehr auch Menschen der Mittelschicht, die letztlich auch von Existenznöten bedroht sind durch die Energiepolitik, durch die Inflationspolitik, die betrieben wird, durch den Wohnungsmarkt, der letztlich… Wohnungspreise steigen ja immer weiter an.

Ein Haus ist auch unerschwinglich für junge Leute. Also hier in Dortmund kostet ein Reihenhaus nach unserem Wohnungsmarktbericht rund 500.000€; ein Reihenhaus.Da hätte man früher vor 25 Jahren hätte man dann hier noch ein freistehendes Haus im besseren Teil von Dortmund haben können. Jetzt kostet hier in meiner Wohngegend – es ist nicht die beste Gegend von Dortmund – kostet ein Haus 500.000€. Das ist nicht mehr erschwinglich für die Leute und deshalb lehnen sie glaube ich diese Politik ab.

Sie fühlen sich auch bevormundet und sie wollen glaube ich auch nicht diese.. ja, sage ich mal, diese Denkverbote.

Es ist alles derart moralinsauer dass ich junge Menschen verstehen kann, die sich dann abgestoßen abwenden, wenn Politiker, die ja wirklich geschützt sind durch ihr Einkommen, durch ihre guten Wohnlagen, wo sie leben, ihnen auch noch vorschreiben wollen, wie sie zu denken haben, wo sie tolerant sein sollen, ja wo sie Willkommenskultur leben sollen, wo es kein Politiker macht. Also, ich weiß es hier aus dem Dortmunder Stadtrat. Da wird regelmäßig dafür geworben, große Asylantenwohnheime in die Stadtteile zu packen, wo Politiker eben nicht wohnen. Na also, die kommen in den Dortmunder Norden, wo eh schon soziale und auch ethnische Konflikte herrschen und eben nicht in den Dortmunder Süden, wo die SPD Parteiführung wohnt. Und diese Bigotterie stößt glaube ich auch immer mehr junge Leute ab.

Und ich glaube, wir sind auch auf eine gewisse Art und Weise sexy,

wenn man das hört. Ne Weidel finden, glaube ich, viele Leute einfach gut, weil sie kämpferisch ist, weil sie nach vorne geht, weil ihre Bundestagsreden ja über Millionen, also 1 Million Zugriffe haben und weil wir auch so verteufelt werden. Also die verbotenen Früchte schmecken ja am süßesten. Und wenn alle sagen, das sind die Schmuddelkinder, haben gerade junge Leute ja eher dann das Bedürfnis, die zu unterstützen, weil wir eben so verteufelt werden. Wir sind eigentlich rechte Punks, ja.

Dankeschön, Dankeschön! Sehr gut, Danke.

Ja, vielen Dank.